Das bedingungslose Grundeinkommen wird kommen.

Das ist jedenfalls meine Überzeugung und auch Hoffnung, denn meiner Meinung nach kann und wird es unsere Gesellschaft grundlegend verbessern, und so ganz allein stehe ich ja nicht damit.

Postkarte -Halte mich (aus)- der Initiative BGE

Allerdings stellte ich dieses Wochenende in einer Diskussion mit einem Freund fest, dass Hoffnung und Überzeugung nicht ausreichen, jemanden zu überzeugen, der diese nicht teilt. Also machte ich mich auf die Suche nach mehr Informationen.

Eine sehr ausführliche Studie des Hamburgischen WeltWirtschafts-Instituts (HWWi) aus dem Jahr 2007 (Hrsg. Thomas Straubhaar), im März 2008 in Edition HWWI – Band 1 veröffentlicht, plädiert klar für das bedingungslose Grundeinkommen.

So wird im Fazit von Kapitel 3 (S. 25) festgestellt: „Ein Grundeinkommen ist bei statischer Betrachtung der fiskalischen Wirkungen finanzierbar.“ Außerdem stellt die Studie dar, dass so die Staatsverschuldung nach und nach auf Null reduziert werden kann und die Effekte auf den Arbeitsmarkt sehr positiv erwartet werden. Natürlich immer mit Verweis darauf, dass die Berechnungen theoretisch sind.

Im Jahr 2010 erschien in der Reihe „Texte“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung als Band 67 unter dem Titel „Grundeinkommen. Geschichte – Modelle – Debatten“ (hrsg. von Norbert Schepers) eine Sammlung mit Texten von Ronald Blaschke, Katja Kipping und Adeline Otto zum Thema Grundeinkommen. Besonders Ronald Blaschke verweist darin immer wieder deutlich auf das vielleicht bekannteste Werk des von mir sehr geschätzten Erich Fromm – „Haben oder Sein“. Dieser hatte dort bereits im Jahr 1976 die befreienden Auswirkungen und das Potential zu gesellschaftlicher Veränderung herausgestellt, das in einem bedingungslosen, existenzsichernden Einkommen liegt.

In Heft 20/2016 der Zeitschrift Impuls, herausgegeben von der Hans-Böckler-Stiftung wird über die Arbeiten des britischen Ökonomen Anthony Atkinson berichtet, der unter Anderem ein nicht ganz bedingungsloses Grundeinkommen vorschlägt und das auch als finanzierbar berechnet hat. Sein Vorschlag enthält die Einschränkung, „…dass es nur diejenigen erhalten, die auch einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Neben Arbeit oder Studium könnte dies auch die Pflege von älteren Angehörigen, die Betreuung der eigenen Kinder oder ehrenamtliches Engagement in einem Verein sein.“

Um so unverständlicher sind mir — gerade die zögernde, zweifelnde, ja teilweise offen ablehnenden Positionen, welche mir von Seiten der Linken begegnen. Zudem wird dort meines Erachtens eine Begriffsverwirrung betrieben, die auf mich den Eindruck macht, die Verfasser kennen die existierenden, von Fachleuten ausgearbeiteten, Entwürfe nicht oder wollen sie ZER-reden.

Vielleicht meinen sie es aber besonders gut und wollen alles bis zum Letzten Detail ausfeilen. Ist dem so, fallen mir jedoch die Aussagen eines zeitgenössischen Psychiaters zum Perfektionismus ein, der sagt „…für den Perfektionisten ist das Bessere der Feind des Guten…“ oder auch „…sie sieben die Mücken und verschlucken die Kamele…“.

In Ausgabe 23/2017 von WISOdirekt der Friedrich-Ebert-Stiftung steht im unter dem Titel “ (K)EIN BEDINGUNGSLOSES GRUNDEINKOMMEN, BITTE ! „ veröffentlichten, von Christina Tönshoff, Ruth Brandherm und Dr. Robert Philipps verfassten Artikel zum Beispiel: “ So würde das Emanzipatorische Grundeinkommen der Partei Die Linke Zuschläge an Menschen mit besonderem Bedarf zahlen, wie chronisch Kranke oder werdende Eltern, um somit Bedarfsgerechtigkeit zu gewährleisten. “ Wobei das auch Thomas Straubhaar erwähnt beim bedingungslosen Grundeinkommen. Und das BEDINGUNGSLOS ist wichtig!

Der im Vorwärts am 02.11.2018 erschienene Artikel – Titel: Das bedingungslose Grundeinkommen: weder gerecht noch realistisch – von Christoph Butterwegge aber ist reine Polemik.
Seine Aussage “ Die utopische Idee, sämtliche Bürger vom Arbeitszwang zu befreien und Armut zu vermeiden, indem der Staat allen Gesellschaftsmitgliedern ein gleich hohes, ihre materielle Existenz auf einem Mindestniveau sicherndes Grundeinkommen zahlt, stammt aus dem Feudalismus. “ finde ich schon sehr gewagt. In welchem Feudalstaat gab es nochmal ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Wie schon im vorher genannten Artikel heisst es auch hier wieder: “ …was differenzierte Lösungen für soziale Probleme ausschließt… „. Wie schon im letzten Absatz erwähnt, wird hier übersehen, dass sehr wohl auch erhöhte Bedarfe bedacht waren in vorhandenen Entwürfen.

Noch ganz kurz zu den weiteren Aussagen Herrn Butterwegges:

  • „… und Armen reicht es [das Grundeinkommen, d. Verf.] nicht, um würdevoll leben zu können …“
    Aber sicher deutlich würdevoller als jetzt, denn der Druck von der Agentur für Arbeit fällt weg und ein zusätzlich verdienter Euro ist ein zusätzlicher Euro und wird nicht sofort verrechnet, gar nicht zu reden vom klein Häuschen, das verkauft werden muss, bevor es ALGII gibt
  • „… müsste man trotz Grundeinkommensbezugs erwerbstätig sein, wodurch ein indirekter Arbeitszwang fortbestünde.“ und auch
    “ Da die Menschen nicht bloß der Existenzsicherung wegen arbeiten, dürften die meisten BGE-Empfänger an einer Beschäftigung interessiert bleiben. “
    Und warum auch nicht? Es wird weiterhin Arbeit zu tun geben und es wird weiterhin Arbeit getan werden. Ich bin überzeugt davon, dass ‚Der Mensch‘ nicht faul ist. Mit dem bedingslosen Grundeinkommen können Milionen von Menschen in Deutschland erstmals entscheiden, ob sie eine bestimmte Arbeit ausführen wollen oder nicht. Denn ihre Existenz steht nicht auf dem Spiel. Was sie tut, wenn das sowieso schon geringe ALGII auch noch gekürzt wird, Damit bekommen viele Menschen wieder Selbstwirksamkeit zu spüren. Das gibt auch Würde zurück.
  • “ Reiche brauchen das Grundeinkommen nicht, weil sie Geld im Überfluss haben, und Armen reicht es nicht. “ und
    „… wo bleibt die Gerechtigkeit, wenn das Mitglied einer Landkommune in Mecklenburg-Vorpommern ohne nennenswerte Wohnkosten denselben Geldbetrag erhält wie ein Single, der in München keine bezahlbare Mietwohnung findet? “ sowie
    „… was ändert sich durch das Grundeinkommen an der Ungerechtigkeit einer seit Jahrzehnten bestehenden Verteilungsschieflage beim Vermögen, erhält ein Mittelloser doch nur so viel, dass er nicht hungern muss, aber keinen Cent mehr als ein Milliardär …“
    Neid zu füttern ist in meinen Augen absolut nicht hilfreich.
    Ich zum Beispiel will kein Milliardär sein, das ist mein voller Ernst, Und meine feste Überzeugung und Erfahrung ist, dass es den allermeisten Menschen genauso geht.

Bestätigt fühle ich mich auchvon der letzten, mir bekannten Veröffentlichung zum Bedingungslosen Grundeinkommen von Thomas Straubhaar.